Franz Schmidt in seinem letzten Lebensjahr


FUGASOLEMNIS 
für Orgel, 6 Trompeten, 6 Hörner, 3 Posaunen, Basstuba, Pauken und Tamtam

Franz Schmidt komponierte seine „Fuga solemnis“anlässlich der Einweihung der Rundfunkorgel im großen Sendesaal in Wien. Das Autograph trägt den Vermerk: „Perchtoldsdorf, den 9. Sept. 1937“. 

Die Fuga solemnis ist Schmidts letztes monumentales Fugenwerk für die Orgel, das, seinem Entstehungsanlass entsprechend, durch obligate Heranziehung von 16 Blechbläsern, Pauken und Tamtam klanglich kolossalisiert ist.

Schmidt konnte dieses, sein großes Orgelwerk nie hören, denn derfür dessen Uraufführung geplante Termin musste aus Gründen der politischen Ereignisse auf 19. März 1939 verschoben werden, fünf Wochen nach Schmidts Tod (11. Februar1939). Das Werk wurde im Rahmen eines Franz-Schmidt-Gedächtnis-konzerts im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins uraufgeführt. Solist war Franz Schütz.

Die „Fuga“ ist eine Doppelfuge, die sich in zweiannähernd gleich große Formteile gliedert: der erste Teil ist ein umfangreiches Orgelsolo, in dem sich zwei Fugensubjekte in variativen Durchführungen zu einer äußerst kunstvollen kontrapunktischen Verflechtung (dreifacher Kontrapunkt) in der vierten Durchführung steigern – vergleichbar etwa der„Kunst der Fuge“ J. S. Bachs – um vom Bläserchormit dem Zitat des ersten Fugenthemas abgelöst zu werden.

Bläser und Orgel – wobei der Orgel das erste Thema, dem Bläserchor das zweite übertragen ist – bringen nunmehr eine grandiose, freie Rekapitulation der beiden ersten Durchführungen der Orgelfuge, jedoch nicht mehr im strengen Fugensatz:die Themen werden gleichsam als Choral behandelt und von den Blechbläsern und der immer reicher eingesetzten Orgelkoloristisch und dynamisch gesteigert.

Im Gegensatz zu früheren, von Chromatik stark durchsetzten Werken Schmidts, im Besonderen von Orgelwerken, wie vor allem in seinem letzten solistischen Orgelwerk, der Tokkata und Fuge As-Dur etc., ist die Fugasolemnis überwiegend diatonisch gehalten. Unverkennbar sind in der Fuga solemnis thematische Bezüge zu Joseph Haydns Kaiserhymne „Gott erhalte.“ – Bereits 1933 hatte Franz Schmidt sein „Choralvorspiel zu Joseph Haydns ,Gotterhalte‘ “geschaffen.

Anmerkung: Zum Aufführungshergang und  Aufführungskonzept der „Fuga solemnis“ 

  1. Der Orgelpart der Fuga solemnis wird von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Wettbewerbs zur Gänze studiert.
  2. Jeder der 12 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die sich für das 2. Auswahlspiel qualifiziert haben, spielt bei diesem Auswahlspiel den 1. Teil des Werkes bis T.171.
  3. Es wird empfohlen, die F.s. – da sie in T.171 unvermittelt abbricht – nicht an das Ende des 2. Auswahlspiels zu setzen.
  4. Beim Preisträgerkonzert wird das vollständige Werk aufgeführt.
  5. Die Probe für das Preisträgerkonzert, gemeinsam mit den Bläsern, wird am Tag des Konzerts – voraussichtlich vormittags stattfinden.

Dr. Rudolf Scholz

Erste Seite des Autographs der Partitur von Franz Schmidts „Fuga Solemnis“
(Österreichische Nationalbibliothek – Musiksammlung)